16. Juli 2013

Flaches Land

Jetzt lasst mich mal Klartext sprechen. Halle an der Saale hat in Mitteldeutschland nicht sooooo einen Wahnsinnsruf. Manche nennen es Hölle an der Saale, andere wortspielen "Halloren, Hallenser, Halunken". Erklären kann ich mir das zwar nicht genau, muss aber leider sagen, dass die Gegend von Halle erobert werden möchte, sprich: Sie gibt sich dem Betrachter nicht freiwillig hin. Er kutscht über Autobahnen und Bundesstraßen durch plattes Land, vorbei an einzeln stehenden Gehöften; architektonische Meisterleistungen reihen sich nicht gerade nahtlos aneinander und die Menschen sprechen seltsam, wobei "mer nichjenau saachen gann wie eijentlich".

Und trotzdem lohnt sich das Suchen nach den Perlen in und um Halle an der Saale. Ein dem Gatten und mir mittlerweile vertrautes Ziel nahe Halle ist das Renaissanceschloss Dieskau, an das sich ein wunderschöner klassizistischer Landschaftspark anschließt, der leider wohl vielen unbekannt ist. Vielleicht auch deshalb liegt über dem Ort meist eine friedliche Stille, nur unterbrochen von freilaufenden gackernden Hühnern mit Hahn.



Die Zufahrt zum Schloss säumt links ein formales Buchsbaumparterre, ausgefüllt mit Kräutern und Blühpflanzen, und rechts an der Mauer wächst es recht bäuerlich vor sich hin, z. B. mit Malven.





In einem höher gelegenen Teil, auf dem auch die barocke Dorfkirche und das Pfarrhaus zu finden sind, liegt ein weiterer Kräutergarten, eingefasst von Buchsbaumhecken. Bei unserem Besuch befand sich der Garten, der zum Schloss gehört, in einem recht kläglichen Zustand, gleichwohl die Struktur noch gut erkennbar war.

 


Geht man um das Schloss herum, eröffnet sich alsbald die wirklich beeindruckende Blickachse, die von der ruinösen Orangerie über ein rundes barockes Buchsbaumparterre und über die Rasenfläche bis zu alten Baumriesen und dem rekonstruierten Fundament des Teehauses reicht.


 Ein Pumpenhäuschen kann schön aussehen.

Das Café bietet ausnehmend wohlschmeckenden Kuchen an.
Unbedingt hineinschauen, denn dort wurde bereits restauriert und das wirklich ausgezeichnet!



Johann Gottlieb Schoch, gerade 20 Jahre alt, erhielt den Auftrag zur Anlage des Parks. Das war 1778. Ob diese riesige Platane noch aus der Anfangszeit stammt? Sie ist wunderschön.



Die Reide-Aue ist Teil des Landschaftsparks und so überquert der Besucher immer wieder kleine Brücken. In der Ferne leert Flora ihr Füllhorn aus.


Stundenlang kann man in westlicher Richtung um den Park wandern, durchquert den romantischen Erlenbruch, kommt an verschiedenen Teichen vorbei. Und entdeckt zum Beispiel den Lyrischen Baumkreis, der den Besucher spätestens an dieser Stelle des Rundwegs in das 18. Jahrhundert versetzt. Mit derart poetischen Worten spaziert es sich gleich noch einmal viel leichter.




Nicht fotografiert habe ich eine Skulptur aus dem Jahr 2006. "Osttor" von Jörg Bochow steht auf dem Pfingstanger und erinnert an die ehemals im Park befindlichen asiatischen Bauwerke, wie das Teehaus und die Bogenbrücke. Die Glocke am "Osttor" kann der Spaziergänger schlagen und obwohl dieses Fleckchen Erde recht versteckt liegt, erhört man beim Durchwandern des weitläufigen Geländes immer wieder den metallisch-tiefen Glockenton.

Auch südöstlich des Schlosses dehnt sich der Park aus und man stößt auf so etwas:


und so etwas:


Der Gatte hat mehrfach versucht, den Laubfrosch beim Springen zu fotografieren (und sah dabei selbst wie ein hüpfender Frosch aus) und das ist das beste der vielen Fotos geworden.

Beim Verlassen des Schlossgeländes machte mich der Blick in jenen Garten neugierig:


Den Bogen aus einem Nadelbaum und dem Nordamerikanischen Trompetenbaum fand ich schön angelegt, die Beete waren in guten Zustand und alles sehr nett dekoriert. Auch zwei äußerst blühfreudige Clematis begeisterten den Gatten und mich.


Leider habe ich noch nicht ergründen können, wer die freundliche Gärtnerin war und kann nur vermuten, dass es die Pfarrersfrau war. 

Ein Tipp ist der Dieskauer Sommer, der an den Sommersonntagen die Barockkirche mit verschiedenen Klängen füllt.

Und ein Tipp ist es überhaupt, dieses Dieskau. Bei Halle an der Saale.

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